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24. Mai 2012

Silvesterchlausen

Als ich kürzlich meinen Hundwiler Coucousin kennen lernte, führte er mich in die Appenzeller Bräuche ein. Unter anderem erzählte er mir vom
Silvesterchlausen, bei welchem er selber aktiv in einer Gruppe von «schöne» mitmacht. Am Dienstag hatte ich nun die Gelegenheit, die beeindruckenden
Kopfbedeckungn, die die jungen Männer während zwei Jahren mit einer unglaublichen Leidenschaft und Liebe zum Detail selber gesägt, bestickt,
geschnitzt und bemalt haben, zu bestaunen. Zum «Silvesterchlausen» ist letztes Jahr übrigens ein sehenswerter Dokumentarfilm erschienen.

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Silvesterchlausen
Das Silvesterchlausen ist im ausserrhodischen Hinterland, also in den Gemeinden Urnäsch, Herisau, Hundwil, Stein, Waldstatt, Schwellbrunn und
Schönengrund, der eindrücklichste Winterbrauch. Man unterscheidet mehr oder weniger deutlich drei Arten von Chläusen: die «wüeschte», die «schöne»
und die „schö-wüeschte“ (Wald- oder Naturchläuse). Sie treten alle fast ausschliesslich in Gruppen auf, «Schuppel» nennt sie der Einheimische.
Die einen tragen eine oder zwei Schellen und stellen «Mannevölcher» dar. Man nennt sie noch häufiger nach ihrem Instrument «Schelli» oder Schellen-
chlaus. Die anderen sind die «Rollewiiber» oder «Rolli», mit einem Rollenträger um den Oberkörper. Obwohl die Rollenweiber eindeutig weibliche
Kleidung tragen, versteckt sich unter der Maskerade ein Mann. Das Chlausen ist ein ausgesprochener Männerbrauch, nur bei den «Goofeschüppeli»
machen hie und da auch Mädchen mit.

Ein Tagesablauf
Am neuen Silvester, also am 31. Dezember, um genau 5.00 Uhr treffen sich eine grosse Anzahl Männer mit Schellen und Rollen – noch ohne Kopf-
schmuck und Groscht - auf dem Dorfplatz zum Frühchlausen. Dazu werden im ganzen Dorfzentrum während 15 Minuten alle Lichter gelöscht.
Es ist üblich, sich ruhig zu verhalten. Blitzlichter oder Autoscheinwerfer stören die mystische Atmosphäre. Die Hauptstrasse ist im Bereich Dorfplatz
in diesen 15 Minuten für den Durchgangsverkehr gesperrt. Anschliessend wird bei einem Freund oder Mitglied der Gruppe gefrühstückt, dann
ziehen sie ihren Groscht an. Gruppenweise ziehen die Chläuse von Haus zu Haus, voran der «Vorrolli», in der Mitte schön hintereinander die «Schelli»
und am Schluss der «Noerolli» (Nachrolli). Vor einem Haus stellen sie sich in einem Kreis auf, schellen und rollen, dass es eine Art hat, beruhigen
sich dann und stimmen ein Zäuerli an. Das wiederholt sich üblicherweise dreimal. Dann wünschen die Chläuse dem Hausherrn und seiner Familie mit
kräftigem Händedruck ein gutes neues Jahr und ziehen in der gleichen Reihenfolge, wie sie gekommen sind, zum nächsten Haus. Das Chlausen
ist eine körperlich sehr anstrengende Sache. Der «Schelli» mit den grössten Schellen in einem schönen «Schuppel» trägt gut und gerne zwischen zwanzig
und dreissig Kilo mit sich herum. via